Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) schlägt Alarm: Zu hohe Einträge von Stickstoffverbindungen sind eines der großen ungelösten Umweltprobleme.
Stickstoffverbindungen wie beispielsweise Stickstoffoxide und Ammoniak belasten Umwelt und Gesundheit auf vielfältige und komplexe Weise. Eine umfassende Analyse der Ursachen und Handlungsempfehlungen, wie der Eintrag wirksam gesenkt werden kann, enthält ein neues Gutachten des Sachverständigenrates für Umweltfragen (SRU), das Bundesumweltministerin Barbara Hendricks am 14.01.2015 entgegengenommen hat: „Der Eintrag von Stickstoff in die Umwelt ist nach wie vor zu hoch. Um Gesundheit und Natur besser und nachhaltig zu schützen, sind erhebliche Anstrengungen erforderlich, um zum Beispiel die Einträge aus der landwirtschaftlichen Düngung maßgeblich zu reduzieren. Mit der Novellierung der Düngeverordnung geht die Bundesregierung diese Aufgabeentschlossen an“, sagte die Ministerin.
Die Einschätzung durch den SRU im Gutachten zu notwendigen Maßnahmen geht darüber hinaus: „Die mit Stickstoff verbundenen Umweltprobleme sind Gegenstand zahlreicher Politikinstrumente. Dennoch wird die Stickstoffproblematik nicht in ihrer gesamten Tragweite wahrgenommen und bearbeitet.“ Als politisches Problem werden mangelnde Aufmerksamkeit, fragmentierte Zuständigkeiten, fehlende Integration beschrieben: Die rechtlichen Vorgaben und Zuständigkeiten innerhalb des Umweltbereichs sind fragmentiert. Umweltaspekte werden von sektoralen Verwaltungen zu wenig priorisiert. Aus Sicht des SRU gewichten Verwaltungen – trotz gewisser positiver Veränderungen – häufig die wirtschaftlich relevanten Interessen der Verursacher zu stark gegenüber den Umwelt- und Naturschutzinteressen.
Die Empfehlungen des SRU sind den Schwerpunkten
- Eine nationale Stickstoffstrategie erarbeiten,
- Das Zielsystem auf mehreren Ebenen weiterentwickeln,
- Einander ergänzende Handlungsansätze verfolgen,
- Einträge aus der Landwirtschaft reduzieren,
- Biogaserzeugung umweltgerecht gestalten,
- Lebensmittelkonsum schrittweise verändern,
- Verkehr technisch und strukturell umgestalten,
- Emissionen aus der Stromerzeugung weiter mindern
zugeordnet.
Als Ausblick stellt der SRU fest: „Die Einträge reaktiver Stickstoffverbindungen sind inzwischen so hoch, dass globale Tragfähigkeitsgrenzen überschritten werden. Die Notwendigkeit einer deutlichen Verminderung der Stickstoffeinträge zeigt sich auf allen politischen Handlungsebenen von lokalen bis hin zu globalen Umweltthemen. Eine effektive Reduktionspolitik wird über Effizienzmaßnahmen hinausgehen und auch unsere Lebensgewohnheiten ansprechen müssen, zum Beispiel bei der Ernährung. In diesem Sinne muss sie transformativ sein, um ein „gutes Leben innerhalb der Belastbarkeitsgrenzen unseres Planeten“ (7. Umweltaktionsprogramm der EU) erreichen zu können. Deutschland ist bei der Stickstoffproblematik alles andere als ein Vorreiterland. Dies sollte sich grundlegend ändern.“
Ft.