Ökologische Herausforderungen der zunehmenden informationstechnischen Vernetzung privater Haushalte
Eine im Rahmen der Berliner Energietage vorgestellte Kurzstudie des Borderstep-Instituts für Innovation und Nachhaltigkeit im Auftrag des Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) zeigt die ökologischen Herausforderungen der zunehmenden Vernetzung privater Haushalte. Gleichzeitig benennen die Studienautoren Maßnahmen, um den Verbrauch von Energie und anderen Ressourcen in umweltverträgliche Bahnen zu lenken.
In den nächsten Jahren ist damit zu rechnen, dass die Verbreitung von informationstechnisch vernetzten Geräten in Haushalten stark zunehmen wird. Immer mehr Hersteller bieten Produkte mit digitalen Schnittstellen an, es wird ein starker Anstieg der Verkaufszahlen prognostiziert. Die zunehmende Verbreitung von solchen digitalen Schnittstellen bedeutet einen zusätzlichen Verbrauch von Energie und Ressourcen, vor allem aufgrund der Herstellung von Mikroelektronik, des Stromverbrauchs im laufenden Betrieb durch die ununterbrochene Empfangsbereitschaft sowie bei der Entsorgung bzw. Recycling. Aber auch das eigentliche Gerät kann durch die für Informationstechnik typischen Probleme (Updatefähigkeit, Viren, Kompatibilität, Innovationsdynamik, etc.) schneller obsolet werden und damit die gesamte Produktbilanz verschlechtern.
Viele Funktionen von neuartigen vernetzten Geräten basieren auf Cloud-Diensten wie beispielsweise einer Stimmerkennung, die nur energie- und ressourcenintensiv in Rechenzentren realisiert werden und damit weitere Verbräuche verursachen. Auf Basis der in den vernetzten Produkten generierten Daten werden neue Geschäftsmodelle geschaffen, mit Hilfe von Big-Data Anwendungen versuchen Unternehmen zusätzliche Funktionalitäten und weiteren Profit aus den Produktinformationen zu generieren; auch hierfür sind gewaltige Energie- und Ressourcenaufwendungen notwendig. Den Verbraucher*innen stehen hierzu jedoch kaum Informationen über die Auswirkungen ihrer vernetzten Produkte sowie über gesamtgesellschaftliche Mehrverbräuche zur Verfügung.
Allein für die kontinuierliche Vernetzung und Bereitschaft kann auf Ebene der EU ein jährlicher Mehrverbrauch von 70 TWh Strom entstehen; das entspräche etwa der produzierten elektrischen Energie in den deutschen Atomkraftwerken im Jahr 2017. Hierzulande können sich diese Mehrverbräuche auf 15 TWh summieren.
Befürworter und Hersteller der vernetzten Produkte verweisen dagegen einerseits auf die Effizienzpotentiale und andererseits auf die Möglichkeit zur Flexibilisierung von Geräten und dezentralen Stromerzeugern (Demand-Side-Management). Bei Heizungsanlagen konnten in der Vergangenheit tatsächlich sehr umfangreiche Einsparungen von bis zu 30 Prozent durch intelligentere Regelungen im Betrieb wissenschaftlich nachgewiesen werden. Auch die zeitliche Flexibilisierung von Wärmepumpen und Blockheizkraftwerken ermöglicht im Zusammenhang mit der fluktuierenden Stromerzeugung aus Windkraft und Sonnenenergie positive Effekte für die Umsetzung der Energiewende im Strombereich und damit auch für den Klimaschutz. Bei kleineren Haushaltsgeräten sind die individuellen Effizienz- und Flexibilisierungspotentiale in der Regel jedoch meist geringer und die zunehmende Vernetzung sollte hinsichtlich Klima- und Umweltschutz kritisch beobachtet werden.
Um diese vielseitigen Veränderungen trotzdem nachhaltig zu gestalten, sind weitreichende Maßnahmen bei der politischen Rahmensetzung, Forschung und Entwicklung sowie der Information und digitalen Kompetenz von Bürger*innen notwendig. Als erster Ansatz werden in der Studie strengere und konsequente Vorgaben an das Ökodesign gefordert, aber auch bei den Informationsmöglichkeiten für Verbraucher*innen sowie in der Forschung existieren Handlungsmöglichkeiten.
Quellen: Information des Borderstep-Instituts für Innovation und Nachhaltigkeit vom 21.06.2018 und Kurzstudie „Smarte Rahmenbedingungen für Energie- und Ressourceneinsparungen bei vernetzten Haushaltsprodukten“ im Auftrag des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND)
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