Dringender Appell an den Landtag und die künftige Regierung: Nachhaltigkeit muss als Handlungsprinzip in der Landespolitik verankert werden!
Gemeinsame Pressemitteilung | Potsdam 09.09.2019
Ihre gemeinsamen Forderungen zur Nachhaltigkeitspolitik an den Landtag und die künftige Landesregierung haben heute die zivilgesellschaftlichen Vereine und Landesverbände Arbeitsgemeinschaft Natur und Umwelt (ANU), Brandenburg 21 e. V., der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), die NaturFreunde, die Grüne Liga, der Naturschutzbund (NABU), Lausitzer Perspektiven e. V., der ökologische Verkehrsclub VCD und der Verbund Entwicklungspolitischer Nichtregierungsorganisationen Brandenburgs e. V. (VENROB) bei der Landespressekonferenz vorgestellt.
In ihrer Erklärung „Herausforderungen für eine langfristige Nachhaltigkeitspolitik in Brandenburg“ wird die jüngste Fortschreibung 2019 Landesnachhaltigkeitsstrategie (LNHS) und die Umsetzung der Strategie als unzureichend kritisiert und ein Anforderungskatalog für eine zukünftige Landespolitik präsentiert.
Peter Ligner, Vorsitzender von Brandenburg 21, erklärt dazu: „Die Politik sieht sich zunehmend mit Herausforderungen konfrontiert, die sich nicht mehr mit einer Strategie des ‚weiter wie bisher‘ bewältigen lassen. Stichworte sind zum Beispiel der Strukturwandel in der Lausitz oder auch der Prignitz, die ungebremste Ressourcenverschwendung und die Entwicklung von Wirtschaft und Arbeit im Zeichen der Digitalisierung. Die Nachhaltigkeitsstrategie bleibt diesem ‚Weiter-so’ bisher aber noch viel zu sehr verhaftet.“
Professor Dr. Manfred Stock, ehemaliger Vorsitzender des Beirates für Nachhaltige Entwicklung Brandenburg und beschäftigt am Potsdam Institut für Klimafolgenforschung (PIK), betont: „Gleiches gilt für Ziele und Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels und seiner Auswirkungen. Damit Nachhaltigkeit als gesellschaftlich vereinbartes Gemeinschaftswerk aller politischen Ebenen zu einer landesweit wirksamen Norm werden kann, ist im Rahmen dieses landesweiten Beteiligungsprozesses auch die Debatte über die verfassungsrechtliche Verankerung des Nachhaltigkeitsprinzips zu führen. Ähnlich wie beim aktuell viel diskutierten Klimanotstand ist es notwendig, alle Entscheidungen unter die Prämisse einer nachhaltigen Entwicklung gestellt werden, um für Brandenburg die globalen Nachhaltigkeitsziele zu erreichen.“
Als dringend erforderlich wird es im vorgestellten Anforderungskatalog angesehen, Nachhaltigkeit als Chefsache bei der Staatskanzlei mit einem Landesnachhaltigkeitsbeauftragten und verantwortlichen Nachhaltigkeitskoordinatoren in den Ressorts zu etablieren. Strukturell ist darüberhinaus die „Nachhaltigkeitsplattform Brandenburg“ als legislaturübergreifende Institution zur Begleitung der Umsetzung der Nachhaltigkeitsstrategie, ein Beirat zur wissenschaftlichen Beratung und ein Nachhaltigkeits- und Transferzentrum für horizontale und vertikale Vernetzung, Erfahrungstransfer und Beratung der Zivilgesellschaft im ganzen Land Brandenburg zu verankern.
Franziska Sperfeld, stellvertretende Vorsitzende vom BUND Brandenburg, sagt: "Es braucht für die großen Herausforderungen unserer Zeit - zum Beispiel CO2-Emissionen aufgeteilt nach Sektoren, Flächenversiegelung, Artensterben und Pestizideinsatz - gut messbare Indikatorwerte, die auch auf Ursachen für Fehlentwicklungen schließen lassen. Da klafft bisher eine Lücke.“
Friedhelm Schmitz-Jersch, Vorsitzender vom NABU Brandenburg, ergänzt: „Man darf es jedoch nicht dabei belassen, die negativen Entwicklungen zu beobachten, sondern man braucht auch ambitionierte Zielwerte mit klaren Zeithorizonten. Nur dann kann die Politik zielgenau die Nachhaltigkeit in Brandenburg vorantreiben. Besonders muss man bei der Landwirtschaft ansetzen, die selbst sowohl Treiber als auch Opfer des Klimawandels ist, wie man an den letzten drei Jahren mit Extremwitterung sieht.“
Fritz Viertel, Vorsitzender des ökologischen Verkehrsclubs VCD in Brandenburg, sagt: „Im Verkehrssektor in Brandenburg ist bei den CO2-Emissionen bisher keine sinkende Tendenz zu beobachten. Gleichzeitig fühlen sich 38 Prozent der Menschen in den kleinen Gemeinden Brandenburgs verkehrstechnisch abgehängt. Das zeigt, wie wichtig es sowohl aus ökologischen, als auch sozialen Gründen ist die Verkehrswende anzugehen. Damit endlich etwas passiert, haben wir die Volksinitiative ‚Verkehrswende Brandenburg jetzt’ gestartet.“ Anhand der vielen aktuellen Volksinitiativen könne man sehen, dass ein politisches Handlungsdefizit bestehe.
Zur Steuerung des politischen Prozesses von Nachhaltiger Entwicklung wird von den Verbänden ein „integriertes Nachhaltigkeitsmanagement“ eingefordert. Hier ist den Verbänden vor allem die Einbeziehung der Zivilgesellschaft beispielsweise über breitere Beteiligungsprozesse, Fach- und Regionalkonferenzen wichtig. Außerdem soll ein parlamentarischer Nachhaltigkeitsbeirat eingesetzt werden. Dieser soll eine systematische Nachhaltigkeitsprüfung für alle strategischen und Gesetzesvorhaben mit klar definierten Nachhaltigkeitskriterien durchführen. Auch eine Aufnahme des Nachhaltigkeitsprinzips in die Landes- und Kommunalverfassung ist zu prüfen.
„Prüfstein für zivilgesellschaftliche Akteure wird sein, ob Nachhaltige Entwicklung als breit getragener, gesellschaftlicher Veränderungsprozess verstanden und durch breite Beteiligungsangebote zur Mitgestaltung gewährleistet wird. Darin liegt zugleich die Chance zur Stärkung demokratischer Teilhabe mit Blick auf die Zukunft Brandenburgs“, so Ligner von Brandenburg 21 abschließend.
Für Rückfragen:
Peter Ligner, Vorsitzender von Brandenburg 21 e.V.: 0177 – 287 96 91, peter.ligner@nachhaltig-in-brandenburg.de
Prof. Dr. Manfred Stock: 0172 - 7899644, Manfred.Stock@pik-potsdam.de
Franziska Sperfeld, stellvertretende Vorsitzende des BUND Brandenburg: 0178 - 1448239, franziska.sperfeld@bund.net
Friedhelm Schmitz-Jersch, Vorsitzender des NABU Brandenburg: 0171 - 3667469, Schmitz-Jersch@NABU-Brandenburg.de
Fritz Viertel, Vorsitzender des VCD Brandenburg: 0152 - 26122467, fritz.viertel@vcd-brandenburg.de